Unser Weg zur selbstständigen Gemeinde

StartUp Church Reutlingen

Gottesdienst der StartUp Church Reutlingen (Bild: privat)
Pastor Jochen Kraus (Bild: privat)

Trostberg (hr) - Jede Krise ist eine Chance – sagt man so, aber wenn man dann mal mittendrin ist, fühlt es sich nicht immer gleich als Chance an. So haben wir nach über 25 Jahren unsere bisherige Gemeinde verlassen und sind mit Gott in Klausur gegangen. Und Gott hat auf klare Weise neu seine Vision und Berufung für uns bestätigt, so dass wir etwas gemacht haben, was wir niemand raten würden. In der gleichen Stadt eine neue Gemeinde gründen. Aber von Anfang:

Zuerst war der Gedanke wegzuziehen und die Frage, wo will Gott uns hinschicken? Doch mehr und mehr hat Gott dabei seine Vision und Berufung für uns für Reutlingen und die Region bestätigt und erneuert. Der Kern dieser Vision ist die Aussage Jesu in Lukas 4,18 - er zitiert darin Jesaja 61 und betont, dass er gekommen ist, zu retten, zu heilen und zu befreien. Das tut er heute noch, in und durch Seine Gemeinde. Deshalb ist uns wichtig, bei allem, was wir tun, die Frage zu stellen: Schaffen wir dabei Raum für Jesus, dass er das tun kann, wozu er gekommen ist?

Doch wie eine neue Gemeinde in der gleichen Stadt gründen, ohne den bestehenden Gemeinden in die Quere zu kommen? Zuerst war uns dabei die Reflexion mit unserer Leiterschaft im BFP und deren „Go“ für eine Neugründung in Reutlingen sehr wichtig. In dieser Zeit bekam der Bund und das Miteinander im BFP für uns nochmal eine ganz andere Bedeutung. Wir sind sehr froh darüber, in diesem Gemeindebund zu sein und vielen Leitern für die Unterstützung und das Durchtragen in dieser Zeit sehr dankbar!
Wichtig war uns auch, dass wir mit einer Neugründung nicht Menschen aus anderen Gemeinden abziehen und so konnten wir anfangs niemand davon erzählen. Aber wie soll man eine neue Gemeinde gründen, wenn niemand davon weiß? In diese Situation hinein hat Gott uns die Verheißung gegeben, alle Menschen für den Start der neuen Gemeinde vor unsere Haustür zu schicken. Also sind wir losgezogen und haben zusätzliche Stühle gekauft, so dass wir insgesamt 18 Plätze in unserem Wohnzimmer hatten und zu Gott gesagt: „Wenn diese Stühle voll sind, gehen wir raus und suchen uns Räume für Gottesdienste.“ Es hat nur wenige Wochen gedauert, bis alle Stühle belegt waren!

Auf der Suche nach Räumen wurden wir dann mit der kleinen Filiale einer Tanzschule in der Innenstadt fündig und haben im Advent 2020, also mitten in Corona, mit öffentlichen Gottesdiensten begonnen. Im März 2021 wurden wir dann als neue Gemeindegründung in den BFP aufgenommen. Im Mai 2021 haben wir den Verein StartUp Church Reutlingen e.V. gegründet. Manchmal ist das einfach so, dass man sich lange den Kopf zerbricht und einen geeigneten Namen sucht – und dann doch bei der ersten Version hängen bleibt. Heute sind wir froh über unseren Church-Namen, weil er unsere Vision verkörpert:
Wir glauben an eine Church, die sich immer wieder neu erfindet in einer sich verändernden Gesellschaft. Wir brauchen noch viele StartUps, um unsere Stadt zu erreichen, denn es geht nicht um weniger als die Ewigkeit für so viele Menschen! Also haben wir gleich ein zweites StartUp gegründet und im September 2021 in der Innenstadt von Reutlingen ein öffentliches Café – das suCasa – unser Zuhause eröffnet. Das Café ist der Ausgangspunkt für unsere Gemeindearbeit. Also nicht nur ein Bereich unserer Church, sondern zusammen mit unseren Gottesdiensten der Dreh- und Angelpunkt: Gemeindearbeit mit den Menschen in der Stadt auf ganz natürliche Art und Weise zu verbinden.

suCasa Reutlingen (Bild: privat)

Auch unsere Gottesdienste haben sich weiterentwickelt, so dass uns die Filiale der Tanzschule zu klein wurde. Seit 1. Advent 2021 feiern wir nun unsere Gottesdienste in den größeren Haupträumen der Tanzschule. Das aber jetzt nur noch am 1. und 3. Sonntag im Monat, am 2. und 4. Sonntag haben wir „HomeChurch“. Das sind Gottesdienste zu Hause in kleinen Gruppen. Jede Gruppe organisiert sich selbst und bekommt den Gottesdienst als internen YouTube-Link nach Hause geliefert. Unsere Vision ist also eine Mischung aus Hauskirche und Präsenzgottesdiensten, mit vielen einzelnen Visionspunkten. Dabei machen wir sehr gute Erfahrungen, erleben aber auch, wie es oft gar nicht so einfach ist, umzudenken, neue Wege einzuschlagen und sich auf das einzulassen, was Gott Neues mit uns vorhat!
Wenn es einen 5. Sonntag im Monat gibt, dann ist das für uns der „Sonntag mit Freunden“. An diesem Sonntag machen wir unterschiedliche Aktionen, vom Weißwurstfrühstück im suCasa, über Wanderausflüge und gemeinsames Grillen bis hin zu Open-Air Gottesdiensten.

Nach einem Jahr ehrenamtlichen Engagements war es dann so weit, dass ich vollzeitlich als Pastor der neuen Gemeinde zum 1. Januar 2022 angestellt werden konnte.
Im Juni 2022 dann fand unsere erste Gemeindefreizeit im Allgäu mit 37 Erwachsenen statt.
Im September 2022 wurden wir auf der Bundeskonferenz als selbstständige Gemeinde im BFP aufgenommen.

Im Rückblick sind wir sehr beeindruckt über Gottes Zusagen und Treue, wie er uns führt, uns versorgt und aus der Krise mehr als eine Chance gemacht hat. Wir sind sehr dankbar für die neue Church, unser super Leitungsteam mit elf Leuten, die ganzen ehrenamtlichen Mitarbeiter, die sich mega einbringen, und so viele großartige Menschen, die Gott uns geschickt hat. Wir haben in den letzten beiden Jahren so wertvolle Erfahrungen gemacht, die wir nicht mehr missen wollen. Vor allem wurde uns wieder neu bewusst, dass es nicht darum geht, irgendwas auf die Beine zu stellen (z.B. eine neue Church zu gründen), sondern vor allem Gottes Reden und Berufung zu folgen, auch, oder vielleicht gerade dann, wenn es menschlich gesehen nicht logisch erscheint.

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